Efringen-Kirchen Isteiner Klotz
Zwischen Efringen-Kirchen und Kleinkems ragt auf der rechten Straßenseite eine bis zu 80 Meter hohe Kalksteinscholle aus der Ebene auf, der Isteiner Klotz. Schon in der Jungsteinzeit war die Gegend um den weiß-gelb leuchtenden Felsen besiedelt.
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Die im Gestein enthaltenen Jaspisknollen wurden von den Menschen durch Feuersetzen aus dem Kalk gelöst und zu scharfkantigen Werkzeugen wie Messern oder Pfeilspitzen verarbeitet.
Im Mittelalter diente eine Felsenburg auf der vordersten Kante des Felsens, die den Bischöfen von Basel gehörte, zur militärischen Sicherung ihres Hinterlandes. Diese für uneinnehmbar gehaltene “Klotzeveste” wurde jedoch im Jahr 1411 mit “großem Geschütz zerstört.
Unmittelbar in eine Felsnische gebaut ist an der jäh aufsteigenden Wand die schon von weitem erkennbare St. Veitskapelle zu sehen. Unterhalb liegt der Friedhof des einstigen Fischerdorfes Istein, heute ein Ortsteil von Efringen-Kirchen. Zu sehen sind aber nur noch die Überreste des kleinen Kirchleins, das bereits im Mittelalter bestand. Sie soll ursprünglich eine von zwei Kapellen der Klotzveste gewesen sein. Nach der Zerstörung der Burg wurde sie 1650 wieder aufgebaut; seit der Sprengung der Befestigungsanlagen 1947 liegt sie in Trümmern. Aufgrund einer Bürgerinitiative in den 1980-er Jahren wurde sie in großen Teilen wieder aufgebaut.
Patron dieser Kapelle ist der heilige Vitus (Veit), der nach der Legende zur Zeit des römischen Kaisers Diokletian lebte und dessen Sohn von der Epilepsie heilte.
Da er sich weigerte, den heidnischen Göttern zu opfern und seinen christlichen Glauben zu verleugnen, wurde er in einen Topf mit siedendem Öl geworfen. Viele mittelalterliche Darstellungen zeigen den Märtyrer, der als Nothelfer gegen die nach ihm “Veitstanz” genannte Epilepsie angerufen wurde, betend in einem Kessel sitzen.
Auch in der Veitskapelle war eine solche Vitusplastik aufgestellt. Sie befindet sich heute im Pfarrhaus von Istein. Das Attribut des Heiligen, der volkstümlich “Hafen” genannte Topf, führte dazu, dass Veit zum Helfer bettnässender Kinder avancierte und diesen speziellen Nöten um Beistand gebeten wurde.
Von der Kapelle am Klotzen ist überliefert, dass die Isteiner Eltern früher ihre Kinder zum “hll. Pfit” (Veit) schickten und dort ein kleines Gebet sprechen ließen:
“Heiliger Sankt Pfit,
Weck mi in d`r Zit,
Weck mi nit z`frie, nit z`schbod,
As alles grad i`s Häfeli goht.”
Wenige Meter weiter westlich und direkt unterhalb der St. Veitskapelle ist die Felswand ausgewaschen. An dieser Stelle floss der Rhein vor seiner Begradigung unter Oberst Tulla (bei Istein 1850 bis 1876) vorbei und grub sich in den Kalksteinblock ein. Auf der Wiese unter der Kapelle, dem “Totengrien”, schwemmte der Fluss oft Ertrunkene an, die auf dem kleinen Gottesacker begraben wurden. Die idyllische Lage des Fischerdorfes, der Felsen und die Kapelle unmittelbar am Rhein regte die Fantasie der Menschen zu allerlei Sagen an.
Eine Geschichte handelt von einem Rittere Veit von Istein, der auf der mittelalterlichen Burg lebte und mit dem Fräulein Jutta von Sponeck verlobt war. Vor seiner Hochzeit nahm er an einem Turnier auf Schloss Angerstein an der Birs teil, wo er sich in die Tochter seines Gastgebers verliebte Als Veit nicht zurückkam und Gerüchte von einer neuen Liebschaft bis nach Sponeck drangen, wanderte Jutta als Pilgerin verkleidet nach Angerstein, um ihren Verlobten zu suchen. Sie fand ihn mit seiner neuen Geliebten auf der Birsbrücke. Dort stieß sie sich einen Dolch ins Herz und stürzte in die Birs, deren Wasser sie in den Rhein trugen.
Veit hatte seine frühere Verlobte im Pilgergewand erkannt und wollte entsetzt nach Hause in seine Burg fliehen. Als er bei Hüningen mit der Fähre über den Rhein setzte, tauchte Juttas Leiche aus dem Fluss auf.Später begegnete sie ihm wieder am Fuß des Isteiner Klotzen, wo sie an Land gespült wurde. Da umarmte der Ritter die Leiche seiner verlassenen Braut und warf sich mit ihr ins Wasser. Fischer fanden die beiden und begruben sie gemeinsam.
Klar von dieser Sage inspiriert ist die Erzählung “Hugideo” von Victor von Scheffel, der seine Dichtung allerdings in der Völkerwanderungszeit ansiedelte:
Der junge Germane Hugideo hatte lange Zeit bei den Römern in Augusta Raurica (Kaiseraugst bei Basel) gelebt, bevor er sich aus Liebeskummer als Klausner in die Höhle der späteren Veitskapelle zurückzog. Hier bestattete er die Ertrunkenen, die im “Totengrien” angeschwemmt wurden. Eines Tages sah er von der Höhe des Felsens über der Römerstadt Rauchwolken aufsteigen; die Alamannen hatten die Siedlung überfallen und zerstört. Wenig später spülte der Fluss die Leiche einer durch einen Dolchstoß getöteten Römerin unterhalb der Klausnerei an Land. Benigna Serana, die von Hugideo geliebte Kybelepriesterin aus Kaiseraugst. Der Klausner stieß sich ebenfalls einen Dolch in die Brust; beide wurden gemeinsam begraben.
Von der St. Veitskapelle führte früher eine über den Rhein schwebende Holzbrücke am Fels entlang aufwärts. Von diesem schwindelerregenden Steg berichtet eine weitere Sage, die auch aus anderen Orten überliefert ist: Im Jahre 1796 kanen in der Schlacht bei Schliengen versprengte französische Reiter an diese Brücke am Isteiner Klotz. Da ihnen der Feind dicht auf den Fersen war, blieb ihnen keine andere Wahl, als den Abgrund zu überqueren. Also verbanden die Reiter ihren Pferden die Augen, damit die Tiere nicht scheuten, und führten sie nacheinander am Zügel über den schmalen Steg.
Die strategisch wichtige Lage des Felsen bot sich seit dem Mittelalter immer wieder zum Bau von Verteidigungsanlagen an. Die Folge davon waren einschneidende Veränderungen in der Landschaft. Vor allem bei der Zerstörung dieser Festungen wurden große Teile des Klotzen beschädigt. 1947 sprengten die Alliierten die Befestigungen des Zweiten Weltkrieges. Dabei wurden die alte Brücke und die Veitskapelle zerstört. Die Kapelle ist größtenteils wieder aufgebaut, der der Felsklotz hat seither Risse. Das Einsteigen in die versteckt liegenden Höhleneingänge ist lebensgefährlich.
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